Beratung im Fokus: Valearis – Due Diligence 2.0

DANIEL NERLICH: Herr Grewe, Herr Latt, wie kam es zur Gründung von Valearis?

LENNARD GREWE: Valearis ist eine Ausgründung der eccelerate GmbH. Eccelerate ist eine Management-Beratung, die Marc Ehlbeck und ich 2012 gegründet haben. Unser Ansatz war und ist es, Unternehmen den Weg ins digitale Zeitalter zu ebnen – also die digitale Transformation hin zum Verkauf über digitale Touchpoints anzudenken und umzusetzen. 2015 habe ich Bastian, den ich noch aus dem MBA in Barcelona kenne, davon überzeugt, von Amazon zu uns zu wechseln.

Lennard Grewe, Gründer von eccelerate und Valearis

BASTIAN LATT: Exakt. Ich fand es damals charmant, mein Know-how im Bereich E-Commerce von Amazon mit meiner Beratungserfahrung von Altman Solon und Accenture Strategy zu verbinden und Unternehmen im Bereich digitaler Vertrieb und Marketing zu beraten.

Nach kurzer Zeit hatte ich die Idee, dass wir doch mit der Expertise der Subject Matter Experts bei eccelerate Finanzinvestoren einen tiefen Erkenntnisgewinn in der Analyse potenzieller Investment-Targets entlang der gesamten digitalen Customer Journey liefern können.

Unsere These war, dass die großen Strategieberatungshäuser in ihren Commercial Due Diligence Prozessen eben niemanden im Team haben, der digitale Geschäftsmodelle von Customer Acquisition über Conversion hin zu Retention wirklich tief analysieren kann. Dass sie also beispielweise nicht in der Lage sind, einen Google Ads Account tief zu durchleuchten und Effizienz zu bewerten bzw. die weitere Skalierbarkeit des Kanals Paid Search zu bewerten.

Aus unserer Sicht sind das aber elementare Bestandteile einer guten Due Diligence und essenziell, um die Wachstumspotenziale eines Targets als Investor richtig zu verstehen. Genauso steht es um Plattform-Exzellenz und Customer Relationship Management, also den Umgang mit dem Kunden nach dem Kauf. Das sind die relevanten Werthebel, die man verstehen muss.

Bastian Latt, Managing Director bei Valearis

Und aus dieser These heraus haben wir das Produkt Digital Due Diligence entwickelt und sind damit in den Markt gegangen. Das war sehr erfolgreich und so haben wir uns zunehmend in Richtung Commercial Due Diligence und IT Due Diligence entwickelt.

Vor zweieinhalb Jahren war dann der logische Schritt, die größer werdende Transaction Advisory Einheit auszugliedern – und so entstand Valearis.

Was ist Ihre DNA? Worin unterscheidet sich Ihre Unternehmensberatung im Vergleich zu anderen?

GREWE: eccelerate – und auch Valearis – unterscheiden sich von tradierten Beratungen dahingehend, dass wir unsere Berater nicht nur klassische Beratungshintergründe haben, sondern auch tiefgehende operative Erfahrungen aus führenden Digitalunternehmen mitbringen. Wir haben zum Beispiel Kollegen bei uns von Amazon, Sixt Digital, Zalando etc. Das hat zwei signifikante Dinge zur Folge: 1. Wir sitzen nicht im Elfenbeinturm, sondern wir wissen darum, wie man Dinge wirklich umsetzt. 2. Wir diskutieren und verhalten uns unseren Kunden gegenüber auf Augenhöhe – und sehen uns als integrativen Teil der Teams, die wir beraten.

LATT: Als Ausgründung tragen wir natürlich einen Großteil dieser DNA weiter. Ich glaube zum Beispiel, dass wenn wir Wachstumshebel in unseren Due Diligence Prozessen ausmachen und aufzeichnen, dann sind diese einfach näher an der Realität als bei vielen unserer Wettbewerber.

Seit Anfang des Jahres sind eccelerate und Valearis Teil der Mindcurv Group. Was bedeutet dieser Zusammenschluss, welche Vorteile ergeben sich daraus?

GREWE: Zusammen mit mindcurv und den anderen Gruppen-Mitgliedern bieten wir nun ein ganzheitliches Service-Angebot von der Due Diligence, über die strategische Beratung bis hin zur Implementierung aller Facetten, die im Rahmen einer Digitalisierung der Customer Journey im B2C- und B2B-Bereich anfallen. Das ist in Europa in dieser Kombination einzigartig. Uns begeistert dabei vor allem der Umstand, dass 6 hochspezialisierte Boutiquen unter dem mindcurv Group-Dach mit über 500 Mitarbeitenden an verschiedenen internationalen Standorten in der Lage sind, großen Mittelständlern und Konzernen nun eine Alternative zu den großen Management-Beratungen und IT-Dienstleistern zu bieten.

LATT: Für Valearis bedeutet der Zusammenschluss einen viel größeren Pool an IT-Umsetzungsexpertise. Wir können damit unser Product & Tech Due Diligence-Angebot noch weiter ausbauen und haben somit tiefere Kompetenzen zum Beispiel zu Themen wie Code Review. Aber wir können auch in Product & Tech Due Diligences besser bewerten, wie lange zum Beispiel eine Umsetzung einer Initiative dauert und was diese an Investitionen und Kosten verursachen würde.

Der Consulting-Markt sieht ja derzeit viele M&A-Aktivitäten, zum Teil auch unter Beteiligung von Private Equity. Haben Boutique-Beratungen aus Ihrer Sicht keine Chance, aus eigener Kraft organisch zu wachsen?

GREWE: Wir sind bei eccelerate ja auch vor der Übernahme organisch year-over-year zweistellig gewachsen und ich bin mir sicher, dass wir dieses Wachstum perspektivisch fortgesetzt hätten. Allerdings gibt es aus Kundenperspektive klar den Wunsch, länger und umfassender beraten und begleitet zu werden. Das schaffen Boutiquen bzw. Spezialisten nicht mehr allein. Das war auch der zentrale Grund für uns, uns in der Wertschöpfungsbreite und -tiefe durch den Merger mit mindcurv zu erweitern.

LATT: Ein Zusammenschluss zu einer größeren Gruppe bietet sicherlich Vorteile, zum Beispiel im Recruiting, weil wir als kleine Brand unseren Bewerbern nun ein breiteres Spektrum an Erfahrungen ermöglichen können.

Welchen Personalbedarf haben Sie für das weitere Wachstum? Gibt es hier ganz besonders wichtige Profile, die Sie suchen?

GREWE: Bei eccelerate suchen wir insbesondere schlaue – und sympathische! – Köpfe mit Leidenschaft für digitalen Handel. Idealerweise haben diese Kandidatinnen und Kandidaten schon Erfahrung im Aufbau und Betrieb von eigenen E-Commerce Startups und/oder für große digitale Händler gearbeitet. Wir wollen dieses Jahr ca. 8 bis 12 neue BeraterInnen und ExpertInnen einstellen, sind also auf klarem Wachstumskurs.

LATT: Wir sind bei Valearis noch ein kleines Team und wollen uns derzeit vor allem auf der Junior-Consultant-Position verstärken. Wir suchen Uni-AbsolventInnen oder KandidatInnen mit 1-2 Jahren Erfahrung in der Beratung, die Lust haben, in ein Umfeld zu kommen, wo ihr Lerntempo noch einmal richtig beschleunigt wird. Bei uns sieht man eben alle 4 Wochen ein neues Geschäftsmodell und versteht das innerhalb kürzester Zeit vollumfänglich. Und das in der Regel in digitalen Branchen. Was könnte spannender sein? [lächelt]

Sie haben Ihre Services stark auf Technologie ausgerichtet. Gibt es für Sie in diesem Kontext bestimmte Beratungsleistungen, die Sie in den kommenden 5 bis 10 Jahren anbieten möchten?

GREWE: Wir arbeiten in der Gruppe u.a. gerade darauf hin, dass wir kleineren und mittleren Mittelständlern ein komplettes digitales Betriebsmodell anbieten können. Das Beratungsspektrum, was daraus entsteht, wird vor allem auf die notwendigen strategischen, prozessualen und organisatorischen Veränderungen in Unternehmen ausgerichtet sein. Zudem werden wir weiterhin die am stärksten wachsenden „Pure Player“ bei den zentralen Themen Kundenakquisition, Konvertierung und Kundenbindung unterstützen.

Das Serviceportfolio von Valearis

LATT: Unser Kernangebotsspektrum wird Transaction Services bleiben: Also Commercial, Digital und IT Due Diligence. Diese Angebote entwickeln sich weiter und bekommen immer wieder neue Analyse-Dimensionen, die oft der Entwicklung der zugrundeliegenden Märkte geschuldet sind. Ein neues Produkt, was wir jetzt jenseits der klassischen Due Diligence anbieten ist zum Beispiel ein Value Creation Audit für digitale Geschäftsmodelle, wo wir von außen Lücken in der Customer Experience identifizieren, die potenziell wertstiftend sind, wenn man sie schließt. Wir arbeiten aber auch eng mit den Kolleginnen und Kollegen von eccelerate zusammen, so dass unsere Mitarbeitenden auch immer wieder Gelegenheit haben, auf strategischen und operativen Projekten von eccelerate mitzuarbeiten.

Welchen einen Karrieretipp würden Sie angehenden Unternehmensberaterinnen und Unternehmensberatern geben?

GREWE: Bildet Stärken aus und entwickelt diese kontinuierlich weiter, anstatt Euch mit Euren vermeintlichen Schwächen zu beschäftigen. Versucht auf jedem Projekt zu erkennen, was Euch daran am meisten Spaß macht und versucht daraufhin, auf ähnlichen (Folge-)Projekten zu landen und sukzessive mehr Verantwortung zu bekommen.

LATT: Get the basics right. Aus meiner Sicht ist eine solide analytische Grundausbildung nach wie vor die Basis für eine erfolgreiche Karriere als Berater. Dazu braucht es Neugierde, die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte zu vereinfachen und diese (optisch) gut darzustellen. In der Arbeit mit Kunden benötigt es ein gutes Maß an „Humbleness“, nur so kommt man an gute Informationen. Das war dann nun wohl mehr als ein Tipp.

Umso besser! Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Grewe und Herr Latt.


Bildquelle: Valearis GmbH

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