Projekte laufen nicht immer zur Zufriedenheit von Auftraggeber und Berater. Die Devise, das Projekt in time, in budget und in quality zu liefern, erfordert ein striktes Projektmanagement, motivierte Projektteams – und manchmal sind die richtigen Interventionen zur rechten Zeit nötig. Wie dies gelingen kann, beschreibt Beraterin Dorothée Fendel in ihrem Gastbeitrag für die Consultant Career Lounge.

Es gehört dazu: Der Berater in einem Kundenprojekt spürt, dass etwas nicht rund läuft. Der Kunde ist unzufrieden, macht Schwierigkeiten oder Druck, wird ungeduldig. Direktes Fragen bringt nicht weiter, es wird immer enger, die Arbeit stockt.
Da ist das Führungsdreieck hilfreich, denn der Spielraum muss vergrößert werden, damit das Projekt wieder rundlaufen kann. Konkret: Der Chef des Beraters kommt mit ins Boot. Der ist vielleicht nicht begeistert, könnte aber froh sein, dass sein Mitarbeiter souverän im Sinne des Projektgelingens handelt und nicht versucht, Schwierigkeiten zu vertuschen.
Es entsteht ein Dreieck, in dem wir die Beziehungen zwischen den Beteiligten modellhaft wie die von Gastgebern und Gästen sehen. Wir definieren sie so: Ein Gastgeber hat mehr Möglichkeiten als ein Gast, er gibt seinem Gast Sicherheit und Rückendeckung, und er setzt den Rahmen. Der Gast nutzt seine Möglichkeiten innerhalb dieses Rahmens, indem er das Feld kreativ bespielt.
Der besondere Charme des Dreiecks: Wenn die Positionen eingenommen werden und keiner sich auf die Seite eines anderen schlägt, gibt es ein Gleichgewicht, denn jeder hat sowohl einen Gast als auch einen Gastgeber. Das sieht dann so aus:
Durch Interaktionen entstehen nun Lösungen für das, worum es geht – hier: das Projekt für beide Seiten zum Erfolg werden lassen. Das Dreieck bildet den Lösungsraum um das gemeinsame Ziel herum, Polarisierungen werden aufgelöst und etwas Neues entsteht, das die Beteiligten miteinander verbindet.
Um eine „Richtung“ zu bestimmen, genügt es, eine erste Beziehung festzulegen. Für uns ist das wegen des Kontextes diese: Der Berater ist Gastgeber seines Chefs, denn er ist der Sachverständige im Projekt und kann damit dem Chef Sicherheit geben (!). Daraus ergibt sich für die beiden anderen Beziehungen: Der Chef ist (sozusagen als Sachverständiger höherer Ordnung) Gastgeber des Kunden und der Kunde ist Gastgeber des Beraters, weil er ihn als den operativ Tätigen in sein Feld einlässt und die Givens bestimmt. So ist jeder zu einer Seite Gast und zur anderen Gastgeber.
Die erste Beziehung ergibt sich also immer aus dem jeweiligen Kontext, und die beiden anderen, dadurch schon festgelegt, halten oft Überraschendes bereit. Es lohnt sich, dem zu folgen und herauszufinden, was sich daraus machen lässt.
Im Beispiel: Der Berater merkt, dass der Kunde unzufrieden ist und schlägt ein Gespräch zu dritt mit seinem Chef vor. Als Gast seines Kunden achtet er die Grenzen seines Arbeitsfeldes, in das er nur mit Zustimmung des Gastgebers jemanden einladen kann. Ist der Kunde einverstanden, wird er zum Gast im Aktionsfeld des Chefs und ist bei ihm (hoffentlich) sicher und in guten Händen.
Der Chef kommt nicht als Retter, sondern als hilfreicher Verbündeter – für beide! Käme er als Retter, würden die beiden anderen fast zwangsläufig zu Opfer und Täter, und es entstünde ein Konflikt darum, wer das eine und wer das andere sein will oder muss. Ein Dreieck aus Opfer – Täter – Retter garantiert ein Drama, das spannend sein kann, aber selten zu einer belastbaren Lösung findet.
Hier aber kann eine Lösung entstehen, wenn der Kunde als Gastgeber dem Berater Sicherheit gibt, und der Berater als fachlich Involvierter seinem Chef. Der, nicht mit allen Details vertraut, stellt dem Kunden gastfreundlich seine etwas distanziertere Sicht zur Verfügung, um zu einer Lösung zu kommen. Wer aktiv wird, führt – egal, ob aus der Gast- oder der Gastgeberposition.
Es genügt, wenn einer der drei das Modell anwendet und seine beiden Beziehungen (und nur diese!) entsprechend gestaltet – mit möglichst großer Offenheit. Das schafft automatisch mehr Offenheit und Spielraum auch bei den beiden anderen Beteiligten. Zuhören ist wichtig, Spüren ebenso. Auch Mut gehört dazu. Und mit etwas Humor geht es ziemlich leicht und kann richtig gut werden.
Zur Person
Dorothée Fendel ist geschäftsführende Partnerin bei der Fendel & Partner Unternehmensberatung. Sie war im Jahr 2004 eine der MitgründerInnen des Unternehmens. Zuvor war sie Inhaberin der „Textmanufaktur“ für interne sowie externe Unternehmenskommunikation und Lektorin für den Saarländischen Rundfunk.