Private Equity zielt auf Restructuring-Teams der Big Four in UK

Britische Medien berichten, dass Private-Equity-Investoren reges Interesse an einem Kauf der Restructuring-Einheit von KPMG in UK zeigen. Wie Sky News am Mittwoch mitteilte, arbeiten derzeit die Intermediate Capital Group und Towerbrook Capital Partners Angebote für eine Übernahme aus. Auch Permira und Duff & Phelps gelten als mögliche Bieter. Gerüchten zufolge liegt der Wert der Einheit mit rund 22 Partnern und weiteren 475 Mitarbeitern umgerechnet bei rund € 442 Millionen.

Dass KPMG UK eine Veräußerung des Geschäfts rund um Restrukturierung beabsichtigt, ist schon längere Zeit bekannt: Bereits im November 2020 versandte der Chairman von KPMG UK, Bill Michael, laut britischer Wirtschaftszeitung City A.M. eine interne E-Mail, in der er von einem Interessenskonflikt zwischen dem Restrukturierungsgeschäft und sonstigen Engagements im Prüfungs- und Beratungssegment spricht.

Im Zuge einer stärkeren Regulierung der Big Four in UK waren die Wirtschaftsprüfer zuletzt vom Financial Reporting Council (FRC) aufgefordert, ihre Beratungseinheiten von der Prüfung operativ zu trennen. Insbesondere für den Restrukturierungsbereich gelten künftig besonders strenge Regeln: So können die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Großbritannien nur noch äußerst limitiert Restrukturierungsleistungen anbieten, wenn sie in den Jahren zuvor bei jenen notleidenden Firmen als Prüfer agiert hatten. Diese Vorgabe hat aus Sicht der Big Four einen deutlich limitierenden Einfluss auf ein mögliches Wachstum ihrer Restructuring-Bereiche.

Auch Deloitte im Fadenkreuz von PE-Fonds

Noch im September hatte die Financial Times berichtet, dass die globale Muttergesellschaft Pläne von Deloitte UK gestoppt habe, ihren Restrukturierungsbereich zu veräußern. Im November dann die Kehrtwende: Wie Sky News berichtete, startete Deloitte UK tatsächlich in erste Sondierungen für einen Verkauf. Intensive Gespräche mit PE-Fonds finden vermutlich zurzeit statt.

Diese Entwicklung kann auch als ein Zeichen gesehen werden, dass die Big Four in UK signifikante Maßnahmen ergreifen, um im Zuge der Corona-Pandemie die Kosten in den Griff zu bekommen und die eigene Liquidität zu sichern. Sowohl KPMG und Deloitte, aber auch EY und PwC mussten im Corona-Jahr 2020 in UK ein deutlich schwächeres Marktumfeld für Ihre Consulting Services verzeichnen.

Implikationen für den deutschen Restrukturierungsmarkt

In Deutschland gibt es trotz des Wirecard-Skandals derzeit – noch – keine konkreten Vorhaben, die stärkere Regulierung oder gar eine operative Trennung von Prüfungs- und Beratungsleistungen der Big Four zur Folge hätten. Somit ist das Drohpotenzial aus Großbritannien vorerst nicht auf Deutschland zu projizieren. Dennoch haben die vermutlich anstehenden Verkäufe der Restructuring Practices in UK Konsequenzen für ihre deutschen Pendants: Zum einen stehen sie wie ein Mahnmal dafür, dass auch die deutschen Big Four ein ähnliches Schicksal ereilen könnte. Zugleich geht damit für KPMG und Deloitte in Deutschland der Zugang zum attraktiven Verhandlungstisch in London verloren. Häufig werden besonders komplexe und lukrative Restrukturierungs-Cases von Multiplikatoren „in der City“ vergeben, so dass man hier mit guter Reputation und belastbaren Kontakten vertreten sein sollte, wenn man diese gewinnen möchte.

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