Kolumne mit Prof. Dr. Thomas Deelmann: „Zweieinhalb Fragen zu…Markt- und Unternehmenswachstum im Consulting“

In der Kolumne „Zweieinhalb Fragen zu…“ gibt der „Consulting-Professor“ Thomas Deelmann Einblicke zu aktuellen Themen oder generellen Trends im Beratungsmarkt. Zugespitzt und auf den Punkt.


Der BDU hat die Ergebnisse seiner neuesten Marktanalyse präsentiert. Er spricht von einem Marktwachstum in 2023 von 7,2 Prozent, was zunächst positiv klingt. Dann vergleicht er das Ergebnis aber mit den 15 Prozent Wachstum des Vorjahrjahres, was wiederum alles relativiert. Wie sehen Sie das? Hat sich die Branche gut oder schlecht entwickelt?

Prof. Dr. Deelmann: Weder noch. Das 2023er Wachstum von sieben Prozent ist eigentlich sehr durchschnittlich. Allerdings: Die Zahl selber ist alleine betrachtet nur wenig aussagekräftig. Interessanter wird es, wenn man das Beratungswachstum ins Verhältnis zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum setzt, etwa zum BIP.

© Bundesverband Deutscher Unternehmensberatungen – BDU

Mit dem Vergleich kann die Branchenleistung etwas besser eingeschätzt werden. Im langjährigen Mittel liegt das Marktwachstum durchschnittlich 6-7 Prozentpunkte über dem BIP, so wie in 2023 auch. Daher meine Einschätzung: Ein recht durchschnittliches Jahr.

Lassen Sie uns von der Markt- auf die Unternehmensebene wechseln. Rund um McKinsey und vor allem um Bob Sternfels, den Global Managing Partner, gab es zuletzt immer wieder kritische Berichte. Da ist das Projekt Magnolia mit einem Personalabbau im Backoffice, die verstolperte Wiederwahl zum CEO und jetzt ein Brandbrief, der am 23. März in der Londoner Times in Auszügen abgedruckt wurde. Worum geht es hier?

Offenbar regt sich auch intern massiv Kritik an der Leitung. McKinsey hat in den vergangenen Jahren viel Personal eingestellt. Die Rede ist von einem Personalwachstum von 60 Prozent in den letzten zehn Jahren. Mit den jetzt rund 46.000 Beschäftigten ist McKinsey auch keine kleine Strategie-Boutique mehr.

© The Times

Das Unternehmen habe sich verändert, so heißt es im Brief – so würde es aber wohl auch jeder anderen Organisation bei einer solchen Dynamik gehen – und die „neue“ Kultur sei anders, als die „alte“. Die Firma habe sich in neue Geschäftsbereiche vorgewagt, die Reputation sei beschädigt worden und das Wachstum stand zu stark im Fokus. Dieser Kurs wird kritisiert.

Kann es also zu viel Wachstum für ein Unternehmen geben?

Das vielleicht nicht, aber offenbar ein zu schnelles.


Prof. Dr. Thomas Deelmann © privat

Thomas Deelmann ist Professor für Management und Organisation an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) Nordrhein-Westfalen. Nach einer Verwaltungsausbildung und Wirtschaftsstudium arbeitet und forscht er seit über 20 Jahren als, für, mit und über Berater – in einem internationalen Beratungskonzern, als Beratungseinkäufer in einem DAX-Unternehmen, Projektleiter, Auftraggeber von Beratungen, Betroffener von Consulting-Projekten, Inhouse- und freier Consultant sowie in der Lehre und Forschung zur Unternehmens- und Verwaltungsberatung.

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