TRUSTED ADVISOR – Handwerk und Haltung vertrauter Beziehungen zu Kunden – Teil 4

Wer wünscht sich das nicht als Berater: eine jahrelange, vertraute Beziehung zu Entscheidern zu pflegen, um Rat gefragt zu werden und mit langfristigen und lukrativen Verträgen sorgenfrei an der Strategie der eigenen Kunden arbeiten können. Das gängige Vorurteil: Man muss privat sein mit seinen Kunden, gemeinsam Tennis spielen oder zumindest die ein oder andere Flasche Chateau Margaux miteinander geleert haben. Oder aber:

Berater-Berater Giso Weyand zeigt in seiner 15teiligen Serie, wie echtes Vertrauen entsteht und warum Handwerk und Haltung eines Trusted Advisors so wichtig sind. Er spricht dabei über so große Themen wie die Beratungsethik ebenso wie über scheinbare Selbstverständlichkeiten wie eine sorgsam inszenierte Internetseite. Alles, wie gewohnt, sehr konkret und zugeschnitten auf mittelständische Beratungshäuser und ambitionierte Einzelanbieter.

Berater-Berater Giso Weyand (Mitte)

In den letzten Beiträgen ging es um eine Markenführung, die den Namen auch verdient und Signaturinstrumente, mit denen Sie überhaupt noch zur Zielgruppe durchdringen, und den Umgang mit Anfragen. Doch wie unterscheiden sich Angebote eines Trusted Advisors von anderen, typischen Beraterangeboten? Giso Weyand setzt, nach einer kurzen Pause, mit diesem Thema seine Serie fort:

Teil 4: Das Angebot – Raus aus der Vergleichbarkeit.

Glückwunsch. Sie haben mit Ihrem Interessenten echte Ziele erarbeitet, statt nur Maßnahmen oder Einzelprobleme eruiert (siehe auch der letzte Beitrag).

Der Unterschied zwischen einem Berater in der Rolle des Dienstleisters oder des Experten und einem Trusted Advisor spiegelt sich auch im Angebot wider.

In der Rolle des Dienstleisters hat ein Berater primär die Funktion, für den Kunden eine Aufgabe zu übernehmen, in der Rolle des Experten löst er für ihn ein Problem. Anders der Trusted Advisor: Er sieht seine Rolle darin, dem Kunden dabei zu helfen, gemeinsam die vereinbarten Ziele zu erreichen. Das setzt auch eigenes Engagement seitens des Kunden voraus. Um diesen Unterschied zu verdeutlichen, spreche ich gerne anstelle von „Angebot“ von „Vorschlag zur Zusammenarbeit“.

Auf das Notwendige beschränkt

Halten Sie das Angebot so kurz wie möglich, es sollte sich auf das Notwendige beschränken. Für die meisten Projekte genügen drei Seiten, mehr als zehn Seiten sind auch bei großen und komplexen Projekten in aller Regel nicht erforderlich.

Ein Vorschlag zur Zusammenarbeit besteht in der Regel aus fünf Bausteinen:

  1. Beschreibung der Ausgangssituation,
  2. Beschreibung der Ziele,
  3. Beschreibung der Vorgehensweise,
  4. gegenseitige Aufgaben,
  5. Honorar und Zahlungskonditionen.

Baustein 1: Beschreibung der Ausgangssituation

Knapp und doch präzise – diese Devise gilt für das gesamte Angebot, besonders aber für den ersten Teil, die Beschreibung der Ausgangslage und des Problems. Geben Sie dem Dokument die Überschrift „Vorschlag zur Zusammenarbeit“ und steigen Sie ohne lange Floskeln ein, etwa so:

„Liebe Frau Müller,

es war ein gutes Gespräch, vielen Dank. Folgende Situation habe ich vor allem mitgenommen: …“

Viele Berater neigen zu längeren Ausführungen, vielleicht auch weil sie zeigen möchten, wie gründlich sie sich mit dem Kundenunternehmen auseinandergesetzt und wie gut sie die Situation erfasst haben. Meist führen sie dabei aber nur Sachverhalte an oder nennen Fakten, die dem Kunden bekannt sind, zum Beispiel: „Sie sind ein mittelständisches Maschinenbauunternehmen, beschäftigen weltweit 1.200 Mitarbeiter. Ihr Unternehmen ist spezialisiert auf …“ Oder: „Sie sind europaweiter Marktführer bei der Herstellung von Tiernahrung, haben 450 Mitarbeiter an 23 Standorten …“

Das hat in der Schule mal ’nen Fleißhäschen-Stempel gegeben, war beim ersten Bewerbungsgespräch nützlich, aber für Trusted Advisor ist das nun wirklich selbstverständlich. Verzichten Sie auf diese Fleißarbeit!

Baustein 2: Beschreibung der Ziele

Der zweite Teil des Angebots nennt die Ziele, die mit dem Beratungsprojekt erreicht werden sollen. In aller Regel ist es nicht sinnvoll, alle Ziele aufzuführen, die sich aus den Gesprächen ergeben haben. Anstatt über mehrere Seiten einen ganzen Blumenstrauß an Zielen auszubreiten, empfiehlt es sich, konsequent zu selektieren und sich auf 3-5 Kernziele zu besprechen.

Für die spätere Prozesssteuerung ist es entscheidend, über messbare, spürbare oder beobachtbare Zielgrößen zu verfügen. Benennen Sie deshalb für jedes Ziel eine Mess- oder Beobachtungsgröße, die es ermöglicht, gemeinsam mit dem Kunden den Projektfortschritt zu verfolgen und am Ende des Projekts festzustellen, ob die Ziele tatsächlich erreicht wurden.

Die Ziele sind in der Regel einer Mischung aus Projektzielen, Unternehmenszielen und persönlichen Zielen – sachlich wie emotional.

Baustein 3: Beschreibung der Vorgehensweise

Der Angebotslogik folgend, beschreibt der dritte Baustein die Vorgehensweise oder Methode, mit der die genannten Ziele erreicht werden sollen. Wieder liegt die Herausforderung darin, sich kurz zu fassen, aber dennoch das Informationsbedürfnis des Entscheiders zu erfüllen.

Wie weit es notwendig ist, in die Einzelheiten zu gehen, hängt vom Kunden ab: Dem einen genügen wenige Sätze, ein anderer interessiert sich für die Details. Wünscht der Kunde eine ausführliche Beschreibung der Vorgehensweise, hat es sich bewährt, die Details in eine Anlage zu packen, im Angebot selbst aber nur wenige Zeilen zu schreiben.

Auf diese Weise lässt sich eine psychologisch empfehlenswerte Dramaturgie durchhalten: Zunächst wird mit der Ausgangslage die Fallhöhe aufgebaut, dann liest der Kunde seine Ziele und gelangt von da zügig zum letzten Punkt, nämlich dem Honorar. Im Idealfall verbindet er im Kopf die Ziele, die er erreichen möchte, mit dem Honorar, das heißt, es entsteht eine Verbindung zwischen dem Wert der Ziele und den Kosten, um diese Ziele zu erreichen.

Baustein 4: Gegenseitige Aufgaben

Der vierte Teil des Angebots regelt Aufgaben und Pflichten der Vertragspartner. Es bietet sich eine Gliederung in drei Abschnitte an: Aufgaben des Beraters, Aufgaben des Kunden, gegenseitige Verpflichtungen. Hier werden auch wesentlich Ideen des Trusted Avdisors verankert – der Kunde soll mitarbeiten: Welche administrativen Aufgaben haben die Kundenteams? Wie oft spricht der Kaufentscheider mit Ihnen über die Zielerreichung, unabhängig von Projekt-Statusmeetings? Was muss der Kunde liefern?

Baustein 5: Honorar und Zahlungskonditionen

Der Vorschlag zur Zusammenarbeit endet mit dem, worauf der Kunde schon lange gewartet hat: dem Honorar und den Zahlungskonditionen. Ganz gleich, ob Sie nun nach Zeit gegen Geld, pauschal oder wertbasiert abrechnen – empfehlenswert ist in jedem Fall, mindestens zwei Optionen anzubieten. Erhält der Kunde nur einen Preis, steht er vor der Wahl, das Angebot zu diesem Preis anzunehmen oder abzulehnen. Gibt es hingegen zwei oder mehr Wahlmöglichkeiten, geht es für ihn eher um die Frage, für welche Alternative er sich entscheidet.

Zugegeben: Die Empfehlung, mehrere Honoraroptionen anzubieten, klingt ziemlich banal. Tatsächlich lässt sich damit aber eine große Wirkung erzielen. Die Aufmerksamkeit des Entscheiders wird auf die Frage gelenkt, welche Option er wählen soll. Häufig dreht sich die Diskussion dann nicht mehr um das „Ob“, sondern nur noch darum, welche Variante gewählt werden soll.

Das Motiv, zwei oder mehr Optionen anzubieten, sollte jedoch nicht in taktischen Erwägungen liegen. Vielmehr kommt es darauf an, dass sich die Optionen auf sinnvolle Weise unterscheiden. Wenn Variante A das Basispaket ist, sollte Variante B eine gehaltvolle Ergänzung dazu enthalten. Ist das nicht möglich, dürfte es besser sein, es bei einem Angebot mit nur einer Option zu belassen.

Ihr Vorschlag zur Zusammenarbeit wurde verschickt. Doch was dann? Warten? Nein, der Trusted Advisor gibt die Zügel nicht aus der Hand. Erfahren Sie im nächsten Teil mehr zum Folgegespräch. Sie möchten mehr über das Handwerkszeug erfahren, das für die Zielklärung nötig ist: Giso Weyand spricht darüber in seinem Podcast.


Giso Weyand ist Berater-Berater seit 1997. Knapp 1.200 Beratungshäuser hat er auf Ihrem nächsten Sprung begleitet, viele davon auch auf dem Weg zum Trusted Advisor. Seine Arbeit wurzelt immer in den Sinn- und Geschäftszielen der Inhaber. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt: »Beratung ist sein Leben«. Weyands dreizehntes Buch „Trusted Advisor“ ist soeben erschienen und frei verfügbar: https://trusted-advisor.download Mehr Informationen: www.teamgisoweyand.de