Gastbeitrag – Interim Chief Restructuring Officer: viel mehr als nur Zahlen verstehen

In Zeiten, in denen zunehmend von Rezession und Unternehmensinsolvenzen die Rede ist, lohnt ein intensiverer Blick auf ein Tätigkeitsprofil, das genau in diesem Umfeld maximalen Wertbeitrag leistet: der Chief Restructuring Officer. Diese Experten, die häufig Unternehmensberater sind und als „Manager auf Zeit“ interimistisch im notleidenden Unternehmen eingesetzt werden, entscheiden über das Fortbestehen der Firma und das Schicksal von zahlreichen Angestellten. Gastautor Bob Rajan, Managing Director und Co-Head von Alvarez & Marsal in Deutschland, gibt Einblicke in das Profil dieser Turnaround Manager.

Bob Rajan, Managing Director und Co-Head Deutschland bei Alvarez & Marsal

Wenn ein Unternehmen einen Interims-Manager für seine Restrukturierung an Bord holt, geht es immer um den Fortbestand der Firma. Genau diese Krisen sind aber häufig auch die Chance zum Umbruch und zur Neugestaltung eines Geschäftsmodells. Der Interim Chief Restructuring Officer (CRO), in deutschen Unternehmen können die Titel für diese Position divergieren, weshalb man z.B. auch häufig vom Chief Transformation Officer spricht, ist immer dann erfolgreich, wenn er in das Führungsteam des jeweiligen Unternehmens fest eingebunden ist. Zu seinen Aufgaben gehört zunächst, die Glaubwürdigkeit und die Objektivität des gesamten Prozesses zu erhöhen, die Restrukturierung anzutreiben und Stabilität zu schaffen. Dies umfasst auch, dass er das unbedingte Vertrauen aller in den Restrukturierungsprozess involvierten Parteien genießen muss. Absolute Integrität, Verhandlungsgeschick und die Fähigkeit, zwischen unterschiedlichen Interessenlagen auszugleichen, sind neben Krisenerfahrung und Finanz-Expertise für diese schwierige Aufgabe unabdingbar.

Cash is King

Ein CRO muss schnell und mutig Entscheidungen treffen. Diese fällt er basierend auf rationalen Analysen und, da es um das Überleben eines Unternehmens geht, muss er dies schneller tun als im Tagesgeschäft üblich. Er muss die Zahlen, die ihm zur Verfügung stehen, richtig interpretieren und immer die Liquidität im Auge haben, wobei er häufig auf Situationen trifft, in denen Kostenstrukturen nicht sauber abgebildet wurden – in manchen Fällen gibt es sogar keine verlässliche Dokumentation. Der Fortbestand eines Unternehmens ist aber nur mit der entsprechenden Liquidität möglich, um das Umlaufvermögen zu finanzieren und den Kreislauf von Leistungs- und Warenströmen am Laufen zu halten. Umsätze, Wachstumsprognosen und Profitberechnungen sagen wenig über die jeweilige Cash-Situation aus.

Leider verfügen nur wenige Unternehmen über eine ausreichende Dokumentation zu möglichen finanziellen Krisenszenarien, da viele Entscheider entweder die Notwenigkeit nicht sehen oder sich nicht mit dem unangenehmen Thema einer Firmenschieflage auseinandersetzen möchten. Dabei können drohende Insolvenzen schnell auftreten und müssen nicht selbstgemacht sein – ein Investor bricht weg, das allgemeine Wirtschaftsklima einer Branche verdüstert sich, Verlust eines Großkunden und vieles mehr sind Faktoren, die sich teilweise nur schwer beeinflussen lassen.

CRO – Trusted Advisor

Wie bereits erwähnt, muss ein Interim-CRO auf der Führungsebene fest verankert sein. Seine Entscheidungen muss er unabhängig und mit weitreichender Weisungsbefugnis treffen können. Seine Kompetenz liegt neben der fachlichen Expertise auch darin, alle Stakeholder – extern und intern – in die Krisensituation einzubinden und offen und ehrlich mit ihnen zu kommunizieren. Häufig muss dies auch länderübergreifend mit viel Verständnis für kulturelle Unterschiede geschehen.

Das Mandat eines CRO variiert also von Fall zu Fall und hängt im Wesentlichen davon ab, wie viel Eigenverantwortung die jeweiligen Stakeholder wünschen. Ein guter Interim-CRO schafft jedoch immer Vertrauen, arbeitet schnell und transparent, verfügt über hervorragendes Know-how, ist konsequent, schnell und bringt genügend Engagement und Zeit für seine Aufgabe mit.


Über Bob Rajan

Bob Rajan ist Managing Director bei Alvarez & Marsal in München und London, ist Co-Head der European Private Equity Performance Improvement Group sowie Co-Head der deutschen A&M-Praxis. Er verfügt über 20 Jahre Erfahrung in Interim Management auf Geschäfts-/Vorstandsebene und Non-Executive Director-Positionen und berät Private Equity-Firmen und Portfoliounternehmen in finanziellen und operativen Fragen.

One thought

  1. Vielen Dank für den Beitrag! Eine Rezession in der Wirtschaft ist, neben den harten Konsequenzen für alle Beteiligten, ein spannendes Umfeld für Berater. Dadurch werden einerseits viele Projekte erst mal gestoppt. Und gleichzeitig bietet es wieder Spielraum für neue Beratungsfelder. „Chief Restructuring Officer“ war mir bisher noch unbekannt :).

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